Kultur und Kunst – Erich Kloss
von Hanns-Eckard Sternberg
aus "Schönwalder Journal - Sonderausgabe zur 250-Jahr-Feier" Heft 2 Seite 28-29

 

 

 

 

Als er 75 wurde, erhielt er eine Nachricht, die er spontan so kommentierte: „Das ist der schönste Geburtstag meines Lebens“. Es sollte sein letztes Wiegenfest gewesen sein. Die Information, die er bekam, lautete: Fünf Millionen Erich-Kloss-Bücher sind verkauft worden. Fünf Millionen – wenn heutzutage ein Schriftsteller 5000 Exemplare eines Werks verkauft, zählt er schon zu den ganz Großen. Um Erich Kloß ist es still in belletristischen Kreisen geworden, seine Titel werden nicht verlegt, vielleicht ist die Zeit nicht mehr bereit für seine Kinder- und Försterbücher, die mehr oder weniger alle im Naturmilieu angesiedelt sind.

 

 

Natur-, Jagd- und Forstromane, da war doch noch einer?

 

 

Richtig, auch die Bücher des anderen Schönwalder Heimatdichters, Maximilian Böttcher, bedienen dieses Sujet. Irgend-ie scheint unsere Barnimer Landschaft anregend für das Schreiben von Tiergeschichten und aufregenden Erlebnissen im Walde zu sein. Sie sollten wieder einmal einen Spaziergang durch die schönen Forsten um unser Dorf machen. Wer weiß? Die etwas älteren Schönwalder erinnern sich noch gut an ihn, haben Unterricht bei ihm erhalten –  und ich bin endlich in der Lage, Ihnen etwas über diesen Wahl-Schönwalder zu berichten.

 

 

Erich Kloß wurde am 9. März 1889 in Eichhorst am Rande der Schorfheide und am südlichsten Zipfel des Werbellinsees geboren. Sein Vater war Joseph Kloß. Er arbeitete als Lehrer, war aber auch Förster und Landwirt. Erich wuchs gemeinsam mit drei Geschwistern auf. Er stammt aus einer Lehrerfamilie, denn auch sein Großvater hatte diesen Beruf. So ist
es nicht verwunderlich, dass unser späterer Dichter nach dem Besuch der Volksschule bei seinem Vater in der Lehrerbildungsanstalt in Prenzlau auch eine Ausbildung in diese Richtung erfahren hat. Seine erste Anstellung im Jahre 1909 fand er im nicht allzu fernen Schönwalde. Uns liegt aus dieser Zeit ein Zeugnis vor, das die Unterschrift „Kloß“ als Klassenlehrer trägt und das wir Ihnen, da es „ziemlich gut“ ist, nicht vorenthalten wollen (s. Fotos).

 

 

Ja, und hier traf er dann jene junge Maid, die ihm die weiteren Jahre seines Lebens als Ehefrau zur Seite stehen sollte, Martha Schulz (2.10.1892–20.7.1975 in Berlin-Dahlem), geboren in Schönwalde. 1911 machte Kloß noch eine weitere Lehrerausbildung und wurde zwei Jahre später nach Berlin versetzt. Er heiratete dann 1915, bekam bald ein Töchter-
chen mit Namen Hildegard, die später seine Bücher überarbeiten sollte, musste, da TBC-krank, nicht in den Ersten Weltkrieg und lebte für sein Hobby und seinen Beruf. Um 1922 begann er zu schreiben. Zunächst waren es Sachartikel bezogen auf die Themenkomplexe Haus und Hof. 1930 erschien sein erstes belletristisches Werk „Auf Leben und Tod im deutschen Walde“. Erich Kloß frönte wohl allen männlichen Neigungen, die einer normalen Frau die Haare zu Berge stehen lassen würden. Er war ein begeisterter Angler, ein passionierter Jäger, ein Naturmensch mit den Gelüsten eines Försters und aus ganzem Herzen Lehrer. Er spielte u. a. im jetzigen „Gasthaus am Gorinsee“ leidenschaftlich Skat und wenn ihm dann noch Zeit blieb, dichtete er mit großem Erfolg, wie die Zahl seiner Bücher und deren Gesamtauflage beweisen. Das gerade in einer Zeit, in der das Völkische „in“ war und er ausgerechnet dieses Thema zum Leidwesen der braunen Machthaber in seinen Büchern fast völlig ignorierte. Sein Lieblingsfach war der Naturkundeunterricht und da die Beschäftigung mit der Natur auch sein Hobby war, konnte er die Stunden für die Schüler immer sehr erlebnisreich und lebensnah gestalten.

 

 

Eines war Erich Kloß nie – angepasst im Sinne von systemkonform. Das bekam er nach Machtantritt der Nazis auch zu spüren. Er hatte in den Jahren vor 1933 viele Tiererzählungen über alle deutschen Rundfunksender gesprochen. Damit war spätesten 1934 Schluss. Erich Kloß hatte es abgelehnt, in seinen Büchern auf die damals vom Staat geförderten Mädchen- und Jungenverbände einzugehen. Sein Enkel Dr. Ingo Schulz nimmt an, dass er etwa um diese Zeit aufhörte, im Schuldienst tätig zu sein und nur noch freischaffend als Autor wirkte. 1943 verlegte er seinen Wohnsitz wegen der Bombenangriffe von Berlin-Schmargendorf nach Schönwalde, dem Wohnsitz seiner Schwiegereltern. 1944, als 55- Jähriger, wurde er dann noch eingezogen und kam zur Marine. Ausgebildet in Frankreich kam er über Kiel im April 1945 nach Lübeck, geriet kurzzeitig in Kriegsgefangenschaft, wurde Ende Mai aus dieser entlassen und ging im Oktober 1945 nach Schönwalde, wo seine Familie in dieser turbulenten Zeit lebte. Er wirkte als Schulleiter in den Nachkriegswirren und muss einen derartigen Eindruck auf viele Schönwalder gemacht haben, dass man im Dorf noch heute über ihn spricht. Edith Rathnow erinnert sich, dass Kloß einen Kanarienvogel besaß, der immer dann, wenn der Dichter die Diele betrat, zu singen anfing. Onkel „Erich“ stellte sich dann vor ihn hin und dirigierte zum Gaudi der kleinen Edith dessen Gesang. Karl-Heinz Rathnow kann sich noch gut entsinnen, dass der Lehrer immer gepfiffen hat, wenn Angehörige der Roten Armee seinen und die Nachbargärten plünderten. Diese sind daraufhin immer vor Angst davongestiebt. Es hätte ja auch eine Militärstreife sein können.

 

 

Das Ganze passt zu dem Gesicht, das uns aus seinen Fotos anblickt. Es schaut ein freundlicher Mann aus den Bildern, der stets ein Schmunzeln oder Lächeln um seine Mundpartie gehabt zu haben scheint und dem man auch einen Hang zum Scherzen abnimmt. 1950 – es kam wieder die Charaktereigenschaft des Dichters, die Nichtkonformität mit den
Herrschenden zum Vorschein – riet man ihm, die Besatzungszone zu wechseln. Zu ernst waren seine „sowjetfeindlichen“ Äußerungen und ein Streit mit der Schulbehörde. Man war bereits wieder auf dem Wege, die Kinder und Jugend zu verformen. Also flüchtete er mit der ganzen Familie nach Schmargendorf in Westberlin.

 

 

1958 ist er schließlich in ein kleines Häuschen am Waldrand nach Dahlem gezogen. „Nirgendwo fühlte ich mich glücklicher  als draußen in der Natur“, schreibt er noch in einem Vorwort. Am 15. Oktober 1964 hat er dann diese Erde, deren Wälder, Seen und Tiere er so sehr geliebt hat, für immer verlassen. Erich Kloß hat der Nachwelt ein umfangreiches Œuvre übergeben. Sein Biograph nennt mehr als 65 Bücher und sonstige Veröffentlichungen.

 

 

 

Herzlichen Dank Herrn Sternberg  für die Freigabe des Textes